BI-Stellungnahme zum Planfeststellungbeschluss (Pfb)

BI-Stellungnahme zum Planfeststellungbeschluss (Pfb)
vom 22.12.2005 zur Aufweitung von Concordia-Tunnel und Schwachhauser Heerstraße

Stellungnahme
(Stand: 20. Mai 2006, Fortschreibung möglich, Anregungen erwünscht)

Betreffend einen Ausbau der Schwachhauser Heerstraße zwischen Hollerallee und Bismarckstraße, der nicht gegen das Übermaßverbot verstößt und Ressourcen schont.

 

Hier: Zur Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss (Pfb) vom 22.12.2005

 

(= Einwände entlang der „Allgemeinverständlichen Zusammenfassung der entscheidungserheblichen Unterlagen“ zum „Projekt 275“ lt. Pfb, für die unten angeführte Seitenangaben gelten)

Für eilige Leser/innen:

Kurz - Resümee aus Sicht der BI „Keine Stadtautobahn durch Bremen!“

Eine kritische Durchsicht der Unterlagen des Planfeststellungsbeschlusses ergibt, dass die Auswirkungen dieses Bauvorhabens nicht nur für die unmittelbaren Anlieger und das weiträumige wohnliche Umfeld der Baumaßnahme große Nachteile mit sich bringen werden, sondern dass es zu einem erheblichen Schaden des Allgemeinwohls führt, wenn es in der im Pfb dargestellten Form verwirklicht wird. Auf dem Klageweg sollte eine Alternative durchsetzbar sein, die Ressourcen schont. Anderenfalls werden wohl Fragen nach persönlicher Verantwortung und (Amts-) Haftung für die schädlichen Folgen dieses Bauvorhabens gestellt werden müssen.

Die Stellungnahme im Einzelnen:

Zielsetzung

Die Zielvorgabe des Gesamtvorhabens, die durchgängige Separierung von ÖPNV und MIV zu erzielen und die Attraktivität des ÖPNV zu erhöhen, die von der BI durchaus begrüßt wird, kann und muss auf eine Ressourcen schonende Weise erreicht werden. Soweit nötig, z.B. bzgl. des Umfelds der Eisenbahnüberführung, ist eine optische Aufwertung des Straßenraumes ebenfalls nur durch einen behutsamen Umbau zu erzielen.

Die beklagte Planung verbraucht zuviel Natur, (immer noch rd. 200 qm) Eigentum und Finanzmittel, schädigt das Stadtbild und verstößt gegen die Interessen Bremens, insbesondere von Anliegern und Einwohner/innen:

Eine Neuordnung des Straßenraumes auf diesem Streckenabschnitt ist gegenwärtig nicht zwingend geboten, weil der Streckenabschnitt für alle Verkehrsteilnehmer/innen hinreichend funktioniert. Ist dennoch eine Neuordnung des Straßen- und Brückenraumes politisch gewollt (Senatsbeschlüsse vom 28. September 1999 und 28. März 2000, Anlage), müsste klar gestellt werden, dass diese Neuordnung für eine „Laufzeit“ von gut 100 Jahren (oder mehr) angelegt wird. Für eine solche Planung muss eine angemessene Einbeziehung und Bewertung demographischer und städteplanerischer Aspekte unerlässlich sein. Das ist bisher nicht ersichtlich.

- Lt. Bericht zur Bevölkerungsentwicklung im Lande Bremen bis zum Jahr 2050 (Stat. Monatsberichte 2000, 52. Jgg., Heft 3/4, S. 70 ff. ( = 9. Koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, inzwischen liegt bereits die 10. vor!) sinkt die Einwohnerzahl von 668,8 im Jahr 1998 auf 549,2 HT im Jahr 2050. Das ist ein erheblicher Rückgang der Bevölkerung um 17,9 %. (Ggf. genaue Zahlen anhand der 10. für Stadtgemeinde HB ermitteln.)
> Diese Reduzierung, die bis in die Mitte der Laufzeit des Umbaus reicht und danach weiter fortschreiten wird, steht einer Vermehrung der Verkehrsfläche für MIV entgegen. (Eine differenzierte Betrachtung könnte ggf. stadtteilbezogen den wachsenden Anteil älterer Menschen erfassen, die - trotz eventuell steigender Mobilität - durch breitere Straßen mehr geschädigt als begünstigt werden. Hinzu kommt: Die Mobilitätskosten steigen bei gleichzeitig sinkenden Finanzmitteln der Bevölkerungsmehrheit (Ahrens 2005; dto. Studie "Zukunft der Mobilität"des ifmo, lt. Bericht "Über Morgen" in auto-motor-sport 20/2005) Ergänzend auch: Infos zur Stadtentwicklungsplanung (STEP) unter Beachtung von Anspruch und Wirklichkeit bzw. vorhandener Daten zur realen Stadtentwicklung. Auskunft: LAfStatistik)

- Die Stellungnahme der Architektenkammer Bremen vom 14.01.2004 stellt zu der damals vorliegenden Planung fest: „Die Umbaupläne im Kreuzungsbereich Schwachhauser Heerstraße - Bismarckstraße - Dobbenweg werden von uns abgelehnt. Sie sind zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht erforderlich.“ (Anlage) Sie benennt gewichtige Einwände, die auch die jetzt vorliegende Planung betreffen dürften. (ggf. aktuelle Kammerstellungnahme einholen)

- Eine Erneuerung des Brückenbauwerks ist aus Sicht der DB AG ebenfalls zur Zeit nicht notwendig (Auskunft DB Netz vom 5.03.2001 und aktuelle Diskussion um Zustand von Brückenbauwerken in D bzw. in Bremen, WK-Bericht vom 7.1.2006).

- Die diesbezüglichen Einwände der drei zuständigen Ortsämter bzw. Beiräte Schwachhausen, Mitte, östliche Vorstadt (vorgestellt zur reduzierten Planung am 24.11.2004, Protokoll unter http://www.keine-stadtautobahn.de/Stellnahmen/Ergebnis3Beiraete041124.php veröffentlicht)
sind im Pfb nicht bzw. nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Gleiches gilt auch für die Belange des Natur- und Umweltschutzes (GNUU, Schreiben vom 18.01.2004, ergänzend spätere Stellungnahmen) sowie für die Einwände des ADFC, deren städtebauliche und verkehrspolitische Vorbehalte im Pfb ausdrücklich ausgeklammert werden, „weil sie in einem Planfeststellungsverfahren nicht zu lösen sind.“ (S. 25)

 

Darstellung

Die Darstellung des Teilvorhabens als „Streckenabschnitt von etwa 480 Meter Länge und etwa 25 - 30 Meter Breite“ berücksichtigt nicht bzw. unzureichend, dass es sich um den Bauabschnitt eines Gesamtvorhabens handelt, dessen Auswirkungen von immenser Bedeutung für die Stadtentwicklung sind und damit in die Lebensqualität von Wohnquartieren in zentraler, innenstadtnaher Lage eingreifen.
Außerdem kommt diesem Abschnitt hohe Bedeutung für die weiter anschließende Verkehrsführung (Dobben, Rembertiring, Hochstraße über dem Breitenweg) zu, die offensichtlich vom Amt für Straßen und Verkehr (vormals: Amt für Straßen- und Brückenbau) mit dem ungebrochenem Ziel einer adäquaten stadtautobahnähnlichen Trassierung zwischen den damals errichteten Stadtautobahnen Kurfürstenallee und Hochstraße über dem Breitenweg seit 1975 (sic!) verfolgt wird. (Protokoll Beirat Schwachhausen, 15. Januar 2004, unter:
http://www.keine-stadtautobahn.de/Stellnahmen/BeiratSchwachh-20040115.php
Diese Stadtautobahnen sind ihrerseits jeweils Autobahnzubringer zur BAB - Abfahrt Vahr
(A 27) und dem sog. Nordwestknoten (B 75 / A 28), so dass mit dem marginalisierten Teilvorhaben faktisch eine Art „Autobahndurchstich“ geschaffen wird, der lediglich durch zwei Kreuzungspunkte (Hollerallee und Bismarckstraße) „gebremst“ wird. Auch vom Finanzsenator wird das Bauvorhaben als „Teil einer vor mehreren Jahren beschlossenen Gesamtmaßnahme“ behandelt und damit deren Finanzierung - trotz extremer Haushaltsnotlage und gegenteiliger Sparbeschlüsse - legitimiert. (Finanzsenator an BI, Schreiben vom 5. Oktober 2005)

 

Rechtliche Grundlagen

Das Planfeststellungsverfahren nach § 28 Personenbeförderungsgesetz wäre dann glaubwürdig, wenn es die intendierte Separierung des ÖPNV mit einem erkennbar schonenden Straßenausbau koppeln würde, der also die bereits vorhandene Trassierung respektiert - und nicht in die jetzt vorgelegten Dimensionierung unnötig aufbläht. Selbst diese gegenüber den ursprünglichen Plänen reduzierte Variante ist bezeichnenderweise erst durch massiven Protest und die Einwände fast aller beteiligten Stellen und Anlieger zu Stande gekommen. So wird der begründete Eindruck gefestigt, es gehe bei dem Bauvorhaben entgegen aktuellem oder dem prognostizierten Bedarf (sic!) vor allem um die Bereitstellung von mehr MIV - Verkehrsfläche, die z.B. aus Gründen der günstigeren Finanzierung aus Bundesmitteln als „Bau und Änderung einer Straßenbahn“ ausgegeben bzw. mit dieser Maßnahme verbunden wird (vgl. dazu die eingangs erwähnten Senatsbeschlüsse!).
Dass dieser Eindruck, den der SPD-Abgeordnete Grotheer mit dem Hinweis auf eine „ideologisch begründete Koalitionsvereinbarung“ (Protokoll der Beiräteveranstaltung vom 24.11.2004, siehe unten) beschreibt, wohl begründet ist, geht auf die Situation zurück, dass die 1995 erstmals in eine Senatskoalition kommende CDU-Bürgerschaftsfraktion damals Wert darauf legte, die bis dahin von ihr abgelehnte Verlängerung der BSAG - Linie 4 bis Lilienthal durch eine - von der Lkw- und Autofahrerlobby favorisierte - Aufweitung des Concordia-Tunnels und eine Vergrößerung des Verkehrsraums für Kfz neben der Straßenbahngleisanlage zu konterkarieren! Der Bausenator der CDU griff ausgerechnet jene Pläne seiner SPD - Vorgänger/innen auf, deren Realisierung zuvor auch mit Unterstützung der CDU (!) so massiv verhindert worden waren, dass die bis dahin für das Bauressort verantwortliche SPD sie grundsätzlich fallen gelassen hatte. (Infoflugblatt, leicht polemisch: http://www.keine-stadtautobahn.de/Aktionen/Aktion1.htm#Hintergrundinformation

Angesichts der zu erwartenden Auswirkungen des Gesamtvorhabens muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unerlässlich sein, der Verzicht darauf erscheint fahrlässig. Zumal es sich unstrittig um eine wesentliche Änderung von Anlagen handelt, die jeweils schwere Eingriffe in Natur, Stadtbild und innerstädtischen Lebensraum darstellen. Dass die planende Behörde eine sehr enge Auslegung der rechtlichen Bestimmungen vornimmt, erscheint zwar aus deren Realisierungsinteresse nachvollziehbar, wirft aber die Frage der Zulässigkeit auf. Aus Sicht derjenigen, die die Folgen der Planung zu tragen haben, erscheint eine weniger enge Auslegung der Bestimmungen des Bremer Naturschutzgesetzes geboten und gesetzeskonform.

 

Alternativen und Auswahlverfahren

Die dargestellte Prüfung von Alternativen, um zu erwartende Beeinträchtigungen so weit wie möglich (!) zu reduzieren, scheint gar nicht erfolgt zu sein, jedenfalls ist sie nicht überzeugend. Sie berücksichtigt nur unzureichend, dass

1. der Senator für Bau, Umwelt und Verkehr und die Bremische Bürgerschaft eine Änderung des Lkw-Führungsnetzes beschlossen haben, die diesen Bauabschnitt aus dem Führungsnetz herausnimmt. ( Pressebericht WK vom 10. Juni 2005 nebst Pressemitteilung des Senators http://www.keine-stadtautobahn.de/Presseberichte/WK20050610.php ; in der Bürgerschaft wurde diese Änderung am 13. September 2005 diskutiert und gegen Kritik bestätigt: http://www.keine-stadtautobahn.de/Presseberichte/WK20050914.php )

2. die Bremische Bürgerschaft am 9. November 2004 den Antrag der Senatskoalition von SPD und CDU (Drucksache 16/241 S) beschlossen hat, „unmittelbar nach Fertigstellung des Umbaus der Schwachhauser Heerstraße“ den „Straßenzug Kurfürstenallee bis Rembertikreisel“ aus dem Lkw-Führungsnetz herauszunehmen. (Anlage)

Diese verkehrspolitischen Beschlüsse zeigen, dass eine neue, zusätzliche Fahrspur stadteinwärts und deren Dimensionierung von 5,50 - 6,50 Meter (!) sowie die Abmessung der beiden stadtauswärtigen Fahrspuren von 5,50 - 6,00 Meter (! dto.) Breite, wie sie der Pfb vorsieht, in diesem Abschnitt unnötig sind und ein Übermaß darstellen: Warum soll eine Erweiterung der Verkehrsfläche für den MIV und auf Lkw-gängige Fahrspuren vorgenommen werden, wenn zugleich beabsichtigt ist, den Lkw-Verkehr auf dieser Strecke weithin auszuschließen?
Demgegenüber macht es nur umgekehrt einen Sinn: Weil diese Strecke (lt. Erläuterungsbericht des Pfb, Ziffer 1, Allgemeines, S. 1) „Bestandteil des LKW-Führungsnetzes, welches von der BAB - Abfahrt Vahr über die Richard-Boljahn-Allee, Kurfürstenallee, Schwachhauser Heerstraße, Rembertiring in Richtung Häfen führt“ und „der Abschnitt Hollerallee - Bismarckstraße Teil des übergeordneten Bremischen Straßennetzes“ ist (und bleiben soll!), wird deren „Ausbau als dringend erforderlich“ angesehen!
Diese Aussage des Erläuterungsberichts steht allerdings auch in einem klaren Widerspruch zu den Aussagen, die zur Begründung der vorgeblichen Notwendigkeit der Trassierung des ersten Bauabschnitts zwischen Kurfürsten- und Hollerallee dienten: Vor Gericht wurden die gewählten Abmessungen für diesen „in sich abgeschlossenen und funktionstüchtigen Teilabschnitt“ damit gerechtfertigt, dass dieser eine besondere Funktion für den Lieferverkehr zur Stadthalle und zum Messegelände habe und deshalb keine Zwangspunkte für den weiteren Straßenverlauf geschaffen würden. (OVG Bremen, Urteil 1 D 291/02 v.8.10.02, S. 10, vgl. auch Seite 21 u. S. 30 bzgl. „einstreifiger Verkehrsführung in Richtung Innenstadt“.)

 

Die Aufklärung dieses Widerspruchs, der ein wesentlicher Grund für diese Klage ist, kann (nur) durch eine Planänderung erfolgen, die der Empfehlung der drei Beiräte für eine alternative Verkehrsführung des MIV auf einem einspurigen überbreiten Fahrweg gerecht wird.
Eine entsprechende weitere Reduzierung der Verkehrsfläche für den MIV wäre zugleich ein deutliches Signal, dass die o.a. verkehrspolitischen Beschlüsse ernst gemeint sind, trägt der geforderten Schonung von Mensch und Umwelt Rechnung und entkräftet bestehende Einwände.

Zum Kfz-Belastungswert für den betroffenen Bauabschnitt liegen unterschiedliche Gutachten vor: Angaben des ASV vom 13.11.2001 (Anlage), eine im Auftrag der Handelskammer Bremen erstellte Untersuchung des Ingenieurbüros Theine (Anlage) und eine im Auftrag des Beirats Schwachhausen erarbeitete Alternativplanung des Ingenieurbüros Stempel (Anlage). Sie lassen

- bei aller Unterschiedlichkeit bezüglich der Methoden und Empfehlungen - eine gemeinsame Schlussfolgerung zu: Die Kfz-Belastung dieses Bauabschnitts ist deutlich geringer als die des vorangegangenen Abschnitts und liegt bei etwa 2.300 Kfz/h, und max. 1.230 Kfz/h und Richtung (laut Theine = aktuellste und umfangreichste Untersuchung). Während der Pfb für diese Belastung einen „vierstreifigen Ausbau“ für erforderlich hält, lassen die beiden verkehrswissenschaftlichen Untersuchungen demgegenüber sparsame Varianten zur Bewältigung dieser Verkehrsmenge zu: Unter Bezugnahme auf die EAHV von 1993 hält auch das Theine-Gutachten (S. 29) einen zweistreifigen Querschnitt zwischen Hollerallee und Bismarckstraße zwar für „nicht ausreichend“, aber erwägt immerhin diese Variante, bevor anschließend eine „vierstreifige Querschnittsausbildung“ empfohlen wird, „die sich mit der zur Zeit im Planverfahren befindlichen“ deckt und - für die Handelskammer-Gutachter - den Vorteil hat, dass das „Überholen von Lkw durch Pkw und die Vorbeifahrt von Lkw an anhaltenden Lieferfahrzeugen bei Fahrbahnbreiten ab 5,50 Meter möglich“ (ist).

Demgegenüber zeigt die Stempel-Untersuchung, dass die EAHV-Empfehlungen durch neuere Empfehlungen der Bundesanstalt für Straßenbau (bast 1999) kritisch gesehen und (zumindest) relativiert werden können. In der Konsequenz vermag eine überbreite Fahrspur von bis zu 4,75 Meter Breite alle diejenigen Funktionen zu erfüllen, die für den MIV in diesem Bauabschnitt benötigt werden - mit Ausnahme des Überholens von Lkw durch Lkw (sic!). (Alternativplanung Stempel, Alternativen 5 und 6 auf Seiten 27 und 28 der Präsentation auf der Homepage unter www.keine-stadtautobahn.de, >Startseite in der orangefarbigen Tabelle<, Information über Informationsveranstaltung der drei Beiräte am 24.11.2004 unter >Alternativplanung<. (siehe auch das Protokoll dieser Sitzung, insbesondere die Aussage des Bürgerschaftsabgeordneten Grotheer, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, zum Zustandekommen der Senatsbeschlüsse zu diesem Bauvorhaben:

„Herr Grotheer konstatiert, dass der vorhandene Straßenquerschnitt derzeit und in Zukunft für die zu erwartende Verkehrsmenge ausreiche und dass eine Verbreiterung fachlich nicht notwendig sei. Die nun vorgelegte Planung sei jedoch das Ergebnis eines politischen Kompromisses, da in den Koalitionsverhandlungen die Bremer CDU aus ideologischen Gründen eine vierspurige Trasse gefordert habe und im Gegenzug der SPD die Verlängerung der Straßenbahnlinie 4 nach Lilienthal zugestanden habe. Diese Lösung werde von der SPD mit getragen, zumal die Lkw-Verkehre künftig anders geführt werden würden.“

Auch der weitere ergänzende Hinweis dort von MdBB Dr. Sieling ist im hier diskutierten Zusammenhang wichtig:

„Herr Dr. Sieling verweist auf den kürzlich gefassten einstimmigen Beschluss der Bürgerschaft zur Herausnahme der Schwachhauser Heerstraße aus dem Lkw-Führungsnetz sowie der Anordnung eines Lkw-Nachtfahrverbotes.“

Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, warum im Planfeststellungsverfahren die einstimmige Empfehlung der Beiräte zugunsten eines zweistreifigen Ausbaus explizit „nicht weiterverfolgt“ wurde (S.5), um den Lkw-Verkehr in diesem Abschnitt zu beschränken.

Die Darstellung der „Alternativen und Auswahlgründe“ weist abschließend ausdrücklich darauf hin, dass die Null - Variante, die den status quo fortschreibt, „mit keinen zusätzlichen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes verbunden“ (ist). Die weiter folgende Bemerkung zu Behinderungen der Straßenbahn durch den MIV in diesem Bereich wird gegenstandslos und die gewünschte Attraktivität des ÖPNV gefördert, wenn die Separierung der Straßenbahn „nur“ mit einer überbreiten einstreifigen Fahrspur für den MIV begleitet wird.

 

Der landschaftspflegerische Fachplan zeigt überdeutlich, dass er die eigentlich nötige UVP nicht ersetzen kann:

Neben der Minimierung der temporären Beeinträchtigungen durch die Baustelle geht es den Klägern vor allem um die bereits im Fachplan festgestellten permanenten Beeinträchtigungen der BIOTOPFUNKTION, der BODENFUNKTION, der GRUNDWASSERSCHUTZFUNKTION, der bioklimatischen AUSGLEICHSFUNKTION und des ORTSBILDES. Diese Beeinträchtigungen können - laut Fachplanaussage! - „nicht in vollem Umfang ausgeglichen werden“ (S.9)! Unklar bleibt auch bisher, ob ggf. 43 oder 41 neue Bäume zu pflanzen sein werden.

Das Immissionsgutachten wird gesondert und sehr eingehend zu untersuchen sein, besonders die bereits vorhandene Überschreitung der Grenzwerte für Feinstaubbelastung innerhalb des Planungsgebietes an der Kreuzung Schwachhauser Heerstraße/Bismarckstraße/Dobben. (vgl. dazu Christian Callies, Feinstaub im Rechtsschutz deutscher Verwaltungsgerichte, NVwZ 1/2006, S. 1 ff.)

In diesem Überblick fällt aber bereits auf, dass es reale Gefahren verharmlost: Formulierungen bezüglich erwarteter Grenzwertüberschreitungen nur „um wenige Prozent“ bei bekanntlich Krebs erzeugenden Immissionen von Benzol und Ruß sprechen für sich!

Die beunruhigenden Feststellungen und Prognosen werden selbstgefällig relativiert, indem als Bewertungsmaßstab allein die bekanntlich restriktiven deutschen gesetzlichen Grenzwerte herangezogen werden - was zwar einerseits zulässig bzw. unumgänglich ist, andererseits wäre eine umwelt- und menschengerechte Herangehensweise vorstellbar und wünschenswert, wenn z.B. bessere Vorgaben aus der EU oder aus Nachbarländern als Vergleich und als politisch angestrebte Zielvorgaben zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung herangezogen worden wären.

Das Schallgutachten zeigt geradezu „lautstark“, dass nicht nur im Nahbereich der DB-Strecke wohnende Menschen, sondern alle Anlieger durch das Bauvorhaben noch größere Nachteile als bisher haben, weil die Immissionsgrenzwerte für Schallübertragungen nach der Baumaßnahme „noch deutlicher überschritten (werden) als in den weiter von der Brücke entfernten Abschnitten der Schwachhauser Heerstraße.“ (S.12) Angesichts der erwarteten Ansprüche auf Lärmschutzmaßnahmen an 24 Gebäudeseiten und 10 Außenwohnbereichen an der Straße und 110 Gebäudeseiten an der Bahnstrecke drängt sich die Frage auf, ob der Gesichtspunkt aktiven Lärmschutzes im Planverfahren überhaupt angemessen berücksichtigt worden ist. Hier bleiben noch viele Details zu klären.

Das Erschütterungsgutachten ist ebenfalls im Detail zu prüfen, zumal an drei Gebäuden (SH Nr. 17, 20 und 34) Erschütterungen festgestellt bzw. erwartet werden, die mit 25% über dem gegenwärtigen Zustand beziffert werden. Eine sehr penible Untersuchung dieses Gesichtspunkts erscheint auch deshalb geradezu geboten, weil eine Änderung von „mehr als 25 %“ gegenüber dem gegenwärtigen Zustand als „wesentlich“ bewertet wird und zu Schadenersatzansprüchen führen kann.

 

Kurz - Resümee aus Sicht der BI „Keine Stadtautobahn durch Bremen!“

Eine kritische Durchsicht der Unterlagen des Planfeststellungsbeschlusses ergibt, dass die Auswirkungen dieses Bauvorhabens nicht nur für die unmittelbaren Anlieger und das weiträumige wohnliche Umfeld der Baumaßnahme große Nachteile mit sich bringen werden, sondern dass es zu einem erheblichen Schaden des Allgemeinwohls führt, wenn es in der im Pfb dargestellten Form verwirklicht wird. Wenn es nicht gelingen sollte, auf dem Klageweg eine Alternative durchzusetzen die Ressourcen schont, dann werden wohl Fragen nach persönlicher Verantwortung und (Amts-) Haftung für die schädlichen Folgen dieses Bauvorhabens gestellt werden müssen.

 

Verfasser dieser Skizze/Stellungnahme, Hinweise und Anregungen erwünscht:

Günter Knebel, Ludwigsburger Str. 22, 28215 Bremen; Telefon: 37 56 67 (privat),
knebel-bremen@keine-stadtautobahn.de

 

p.s. Ein Gesichtspunkt, der in dem der Kritik zugrunde gelegten Dokument des PfB nicht auftaucht, ist die Frage, welche Rolle die vorgeblichen „zuwendungsrechtlichen Verpflichtungen“ Bremens gegenüber der DB AG für eine reichlich unnötige Planung gespielt haben: Siehe http://www.keine-stadtautobahn.de/Stellnahmen/Stellnahm2.htm (Fast Textende, vor Aufzählung der Schlusspunkte) Sollte durch eine höchst fragwürdige Verpflichtung ein Handlungszwang geschaffen worden
sein?