Weser-Kurier 29. Januar 2007

Weser Kurier, 29.01.2007, Bremen - Teil, Seite 15

Gefahren durch Feinstaub
Arzt und Naturschutzverband fordern Umweltzone in Bremen / Behörde wehrt ab
Von unserem Redaktionsmitglied Heike Nieder

BREMEN. Im Spätsommer 2006 machte der Bremer Arzt Jürgen Fuchs eine eigenartige Feststellung: Ab dem 11. September kamen verstärkt Patienten in seine Praxis, die Lungenprobleme hatten. Fuchs war verwundert, denn es flogen weder Pollen noch war es besonders kalt draußen. Seine Vermutung: Umwelteinflüsse sind die Ursache. Um sich Klarheit zu verschaffen, wandte er sich an den Naturschutzverband BUND. Das Ergebnis: Exakt ab dem 11. September gab es in Bremen eine erhöhte Belastung durch Feinstaub. Für den Arzt lagen die Zusammenhänge auf der Hand. "Feinstaub ist heute neben Stickstoffdioxid das größte Problem der Luftreinhaltung", sagt Georg Wietschorke vom BUND Bremen. "Dabei handelt es sich um kleine Partikel mit einem Durchmesser von unter zehn Mikrometern." Der Feinstaub komme hauptsächlich aus den Auspuffen von Dieselmotoren, aus dem Abrieb von Reifen, Bremsen und Kupplungen. Eigentlich dürfe der Tagesgrenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht häufiger als 35 mal im Jahr überschritten werden. Die Realität sehe allerdings anders aus: Im letzten Jahr sei es an den beiden Messstellen in Bremen regelmäßig zu berschreitungen des Tagesmittelwertes gekommen. "Im Dobbenweg 43 mal und in der Neuenlander Straße 61 mal. "Die Folgen für den Menschen seien
gefährlich: "Wir haben ausgerechnet, dass in Bremen durch den verkehrsbedingten Feinstaub pro Jahr etwa 60 bis 180 Menschen an Herz-/Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs sterben", berichtet Wietschorke. Jürgen Fuchs erläutert: "Normalerweise wird der Dreck, den wir einatmen, mit Hilfe der Flimmerhärchen in der Lunge wieder hinaus transportiert." Wenn der Staub allerdings kleiner sei als zehn Mikrometer, bleibe er in den Lungenbläschen und führe zu Entzündungen. "Daraus kann eine chronische Bronchitis oder Lungenkrebs entstehen." Die Teilchen, die unter 2,5 Mikrometer klein seien, gingen sogar durch die Lunge durch, direkt ins Blut. "Daraus erwachsen dann Herz-/Kreislauferkrankungen."
"Wir fordern deshalb Partikelfilter für Dieselmotoren", sagt Wietschorke. Außerdem spreche sich der BUND schon seit längerem für eine Umweltzone aus, in der nur schadstoffarme Fahrzeuge fahren dürften. "Die Behörde hatte schon für den Herbst 2006 ein Gutachten zur Einrichtung einer solchen Zone in Bremen zugesagt. Aber bisher ist nichts passiert."
Er wisse nichts von einem Gutachten, erklärt Holger Bruns, Sprecher des Bremer Umweltsenators. Wohl aber seien Aktionspläne für die Neuenlander Straße und den Dobbenweg aufgestellt worden. Im Dezember werde die A281 eingeweiht, dann könnten die LKWs von der Neuenlander Straße auf die Autobahn ausweichen. Auch am Dobbenweg sei schon einiges passiert. Die BSAG habe neue Busse gekauft, die einen sehr geringen Schadstoffaussto hätten. Langfristig werde das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut. Eine Umweltzone mache erst dann Sinn, wenn mit den bisherigen Maßnahmen nichts erreicht worden sei.
So lange wollte zumindest Jürgen Fuchs nicht warten: Im vergangenen Herbst hat er sich in seine Praxis in der Bennigsenstraße zwei Luftfilter einbauen lassen. "Für meine Gesundheit und für die meiner Patienten."