die tageszeitung (Bremen) 9. Juni 2007

taz, nord, bremen, 9. Juni 2007

Zwei Spuren reichen doch
Erfolg für Stadtautobahn-Gegner oder bloßer "Formelkompromiss"? Die Schwachhauser Heerstraße soll zweispurig bleiben, beschließen SPD und Grüne - der Asphalt aber breit genug für vier davon

VON ARMIN SIMON

Auf der Schwachhauser Heerstraße zwischen Hollerallee und Bismarckstraße soll es künftig doch keine vier Fahrspuren für Autos geben. Darauf haben sich nach Informationen der taz SPD und Grüne in den Koalitionsverhandlungen verständigt. Man werde keine Mittelstreifen auf die Fahrbahnen rechts und links der Straßenbahngleise einzeichnen, bestätigten beide Parteien. Die Breite der Asphaltbahnen, die mit je 5,50 Meter für zwei mal zwei Spuren ausgelegt sind, wolle man aber nicht mehr ändern.

Die Bürgerinitiativen "Rembertiring" und "Keine Stadtautobahn durch Bremen" sprachen von einem "Formelkompromiss". Ziel bleibe, die Verkehrsbelastung der Stadt zu minimieren. Dazu gehöre, den Fahrraum für Kraftfahrzeuge zu begrenzen. Auf dem 5,50 Meter breiten Asphalt könnten zu einem späteren Zeitpunkt ohne großen Aufwand jederzeit doch vier Spuren entstehen, kritisierte Sprecher Uli Draub: "Dann stehen wir da." Alle Prognosen sagten ein sinkende Verkehrsaufkommen voraus, betonte er. Die so genannten überbreiten Fahrbahnen von je 4,75 Meter seien daher bereits ein Kompromiss. Draub: "Warum kann man das nicht machen?"

Das Bauressort betonte, die Aufträge für den Straßenbau seien bereits vergeben. Die neuen Fahrbahnen würden Ende Juli dem Verkehr übergeben. Eine Änderung der Fahrbahnbreite sei zudem auch rechtlich nicht möglich: Der Planfeststellungsbeschluss lege diese so fest.

Gerd Winter, Jurist an der Bremer Uni und Rechtsvertreter der Bürgerinitiative, widerspricht dieser Aussage nicht. Eine Planänderung, die dem Autoverkehr Platz wegnehme, sei aber problemlos möglich, unterstreicht er: "Jeder Antragsteller in einem Planverfahren kann seine Meinung ändern." Das gelte auch für die Stadt Bremen. Ein entsprechendes Planänderungsverfahren sei binnen weniger Wochen zu bewerkstelligen, eine erneute öffentliche Auslegung der Unterlagen dafür gar nicht mehr erforderlich. Der freiwerdende Platz am Straßenrand könne auf diese Weise etwa für Radwege, Grün- oder Parkstreifen genutzt werden, sogar Bäume dürfte man dort dann wieder pflanzen.

Zur Gestaltung des Straßenraums habe man in den Verhandlungen mit der SPD keine Absprachen getroffen, sagte die Grünen-Abgeordnete Karin Mathes. Man werde dazu das Gespräch mit den Beiräten suchen. Die Handelskammer, bisher vehementer Verfechter einer vierspurigen Lösung, war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Leiter des Ortsamts Schwachhausen/Vahr, Werner Mühl, nannte das rot-grüne Verhandlungsergebnis einen "Schritt in die richtige Richtung". Auch aus Sicht der Beiräte Schwachhausen, Mitte und Östliche Vorstadt müsse es nun aber darum gehen, die reale Fahrbahnbreite für den Autoverkehr auf maximal 4,75 Meter zu reduzieren. Real könnte die Stadt dafür sogar wohl ganz auf ein Planänderungsverfahren verzichten. Klageberechtigt gegen eine vom Plan abweichende kleinere Bauausführung wären nämlich nur AnwohnerInnen - und die sind ja bekanntlich gegen den Straßenausbau.

Nicht befasst haben sich SPD und Grüne in den Koalitionsgesprächen mit der Zukunft des Rembertikreisels. Das dort geplante neue Stadtviertel, städtebaulich als Quasi-Erweiterung des Viertels äußerst attraktiv, scheitert bisher an der unzulässig hohen Luftbelastung dort. Eine Realisierung des Projekts, sagt Draub, hätte "den ernsten Willen den Durchgangsverkehr rauszubringen" erfordert.

taz Nord Nr. 8295 vom 9.6.2007, Seite 24, 117 TAZ-Bericht ARMIN SIMON