Weser-Kurier 23. Mai 2008

Weser - Kurier / Bremer Nachrichten, Bremen-Teil (S.10), 23. Mai 2008

Freie Bahn für die Umweltzone
Deputationsmehrheit stimmt für die Einführung der ersten Stufe am 1. Januar 2009
Von unserem Redakteur
Michael Brandt

BREMEN. Ein "bürokratisches Monster". Gleich mehrere Oppositionspolitiker haben gestern der geplanten Umweltzone dieses Prädikat verliehen. Gleichwohl - während einer gemeinsamen Sitzung haben die Deputierten für Umwelt und Verkehr das Vorhaben mit der Mehrheit von SPD und Grünen abgesegnet.

Wie berichtet, ist der Start der Umweltzone entgegen früheren Planungen verschoben worden. Die erste Phase soll jetzt zum 1. Januar 2009 kommen, dann dürfen nur noch Autos mit Plakette in die Innen- und die Neustadt. Ab 1. Januar 2010 muss es dann wenigstens gelb sein, ab 1. Juli 2011 grün. Es gibt allerdings eine ganze Reihe von Ausnahmeregelungen.
Harsche Kritik gab es von den Oppositionspolitikern. Dieter Focke (CDU) kündigte gleich zu Beginn die Ablehnung des Koalitionsvorschlags an: "Wir sehen in dieser Form für Bremen keinen Nutzen." Focke erinnerte daran, dass die CDU eine Mini-Umweltzone im Bereich Dobbenweg gefordert hatte. Bernd Richter (FDP) sprach sich ebenfalls deutlich gegen die Umweltzone aus.
Die Linke schließlich stimmte auch gegen die Umweltzone, jedoch aus grundsätzlich anderen Gründen. Die Umweltzone müsste weiter gefasst werden und alle Belastungsschwerpunkte einschließen, forderte die Deputierte Heidemarie Behrens.

Jens Dennhardt (SPD) und Maike Schaefer (Grüne) verteidigten den Kompromiss der Koalition. Laut Schaefer bekomme Bremen eine "wirksame, effektive Umweltzone". Dennhardt erklärte, Bremen könne sich Nichtstun nicht leisten. Allerdings räumte er ein, die Ausgestaltung sei sehr bürokratisch geworden. Deshalb werde die geplante Info-Kampagne eine Herausforderung für die Behörde.

Bau- und Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) warf die Frage auf, welche Alternativen es zu einer Umweltzone gebe. Die Antwort lieferte er gleich mit: "Das wäre zum Beispiel das Modell Athen - akute Fahrverbote, wenn die Luft so schlecht ist, dass die Leute umfallen." Oder eine City-Maut wie in London. "An dem Punkt sind wir nicht, jedenfalls noch nicht."

Vor dem Hintergrund der Debatte über zu erwartende Probleme bei der Kontrollierbarkeit der Verordnung sagte Loske, er gehe von einem gewissen Maß an Rechtstreue bei den Bürgern aus. Er könne auch nicht "neben jede Ampel einen Polizisten stellen".

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Kommentar:
(BUND-Pressemitteilung v. 23.05.08, kein Zeitungsbericht)


BUND fordert von Rot-Grün mehr Mut zur Umweltzone

Weg mit windelweichen Ausnahmen und her mit der grünen Stufe 2010


Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert die morgen
tagende Umwelt- und Verkehrsdeputation auf, die vielen, kaum
kontrollierbaren Ausnahmen auf echte Härtefälle zu begrenzen. Mit dem
geplanten Kompromiss können sich z.B. Unternehmen innerhalb der Umweltzone
über die Einführung der grünen Stufe hinaus, nämlich bis Ende 2011, mit der
Verbesserung der Fahrzeugflotte Zeit lassen. Für Zulieferer-und
Abtransportverkehre gibt es gar einen Freibrief ohne zeitliche Begrenzung.
Weitere Kritik des BUND: Die grüne Stufe der Umweltzone muss Anfang 2010
eingeführt und darf keinesfalls auf Juli 2011, d.h. auf die Zeit nach der
bremischen Bürgerschaftswahl verschoben werden. „Für die Anwohner, die
seit Jahren Grenzwertüberschreitungen erdulden und schlechte Luft einatmen
müssen, ist diese Schmalspurversion mit so langen Übergangszeiten und
vielen Schlupflöchern eine Zumutung“, sagte Martin Rode, Geschäftsführer
beim BUND. Die Umweltzone wird erst dann ihre volle Wirkung entfalten,
wenn nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in die Umweltzone einfahren
dürfen.
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