Demonstration Natur vor Technik

Beitrag zur Demonstration Natur vor Technik - Laßt uns leben!

am 3. Mai 2003, 11.00 h ab Überseemuseum - ca. 12.30 h Marktplatz Bremen

Liebe bremer Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Tierschutz, Umweltschutz und Lebensqualität in dieser Stadt gehören zusammen. Stünde es damit in Bremen gut, wären wir hier nicht zusammen gekommen, um gegen Quälerei von Tieren und Menschen Protest zu erheben. Eine Verkehrspolitik, die auf Vermehrung des Kfz-Verkehrs mit seinen Lärmbelastungen statt auf dessen Vermeidung setzt, bezeichne ich als Menschenquälerei.

Für die Politik der „großen Koalition“ aus CDU und SPD in Bremen gehört augenscheinlich „tarnen und täuschen“ zum ständigen Geschäft. Hier einige unserer Erfahrungen, mit welchen Methoden sie das Großprojekt einer „Stadtautobahn“ durchziehen will. Die für einen kritischen Geist absehbaren Folgen dieser Planung werden von Politikern >geleugnet, getarnt und verharmlost<.

Seit Anfang der 70er Jahre führt eine gewaltige ganze Stadtteile zerschneidende Stadtautobahn von der Abfahrt Vahr bis zur Einmündung der Kurfürstenallee in die Schwachhauser Heerstraße. Diese ist mit 25 - 30 Meter Breite heute eine vielbefahrene Straße, aber hinter ihrem alten Baumbestand und den noch vorhandenen Vorgärten leben derzeit immer noch viele Menschen. Zahlreiche soziale Einrichtungen - Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Arztpraxen, u.v.a.m. - sind dort vorhanden. Bislang ist der Stadtteil an dieser Stelle noch nicht zerschnitten ist, derzeit kann z.B. die breite Straße noch zu Fuß überquert werden.

Das wird ab Oktober 2003 vorbei sein: Dann soll bis zur Hollerallee eine 33 - 37 Meter breite Trasse fertig gestellt sein, die die Abmessungen der vorhandenen Stadtautobahn Kurfürstenallee bis dorthin verlängert. Die neue Trasse der Schwachhauser Heerstraße wird dann aufgeteilt sein in ein „Querprofil“ von über 16 Metern für vier Lkw-gängige Fahrspuren und etwa 6 Meter für einen hochgepflasterten Fahrweg für die Straßenbahn. Für Bäume, Fuß- und Radwege verbleiben pro Richtung noch ganze 5,50 - 7,50 Meter.
Die Notwendigkeit und vorgebliche Dringlichkeit dieser Baumaßnahme wurde schlicht als „Änderung der Straßenbahnbetriebsanlage“ ausgegeben - über die wundersame Vermehrung der Verkehrsfläche für den Auto-Verkehr, über die angestrebte Verbesserung des Ausbaustandards dieser Strecke für den Lkw-Schwerlastverkehr wurde praktisch kein Wort verloren. Im Gegenteil: Die Neuanlage von Fuß- und Radwegen wurde als künftiges Paradies für Fußgänger und Radfahrer angepriesen. Nur an zwei Stellen wird künftig für Fußgänger und Radfahrer die Überquerung der Straße überhaupt noch möglich sein, aber die infolge der Straßenverbreiterung nötige „Verlängerung der Grünzeiten“ der Ampeln für Fußgänger ist als besondere Attraktion für die Anwohner dargestellt worden. Deren Proteste, Einsprüche und sogar Klagen wurden übrigens vom ebenso Tisch gewischt, wie der Beschluss des Ortsamtsbeirats gegen die Aufweitung der Strasse für den Kfz-Verkehr.

>Getarnt, getäuscht und verharmlost < wird auch, wenn es um die derzeitige und künftige Nutzung des Verkehrsraums für den Schwerlastverkehr geht: Die Senatsbeschlüsse der großen Koalition die Planunterlagen zur Begründung dieses Bauvorhabens und die Antwort des Senats (auf die kleine Anfrage der Grünen vom 18.02.2003) besagen, was wir bekämpfen: Es geht um den Ausbau „des Lkw-Führungs-netzes, welches von der BAB-Abfahrt Vahr über die Richard-Boljahn-Allee, Kurfürstenallee, Schwachhauser Heerstraße, Rembertiring - über die Stadtautobahn der Hochstraße über den Breitenweg- in Richtung Häfen führt“. Die Scheußlichkeiten und Übel der Vergangenheit sollen also verstärkt und bekräftigt statt zurückgebaut oder abgerissen werden!
Demgegenüber wird vor allem von der Bausenatorin immer wieder beschworen, dass der Lkw-Anteil des Verkehrs auf dieser Straße mit rd. 3% ziemlich unbedeutend sei und eher abnehmen als zunehmen werde. Aber bei rd. 30.000 Kfz in dem aktuellen Bauabschnitt, handelt es sich schon jetzt um immerhin etwa 900 Lkw pro Tag, d.h. alle 30 Sekunden ein Lkw. Aber wie viele Lkw werden es in Zukunft sein, wenn der Lkw-Verkehr - was zu erwarten ist - weiter so dramatisch zunimmt wie in den vergangen 15 Jahren und der erhöhte Ausbaustandard die jetzt schon schnelle Durchfahrt durch Wohngebiete für Lkws noch attraktiver macht?

>Getarnt, getäuscht und getrickst< wird auch dadurch, dass für ein derartiges Vorhaben innerhalb eines großen Wohngebiets keine Gesamtplanung vorgelegt wird. Aber mit Salami-Taktik ist die eigentlich nötige Gesamtplanung in drei Teilstücke aufgeteilt worden, um die bei einer Gesamtplanung zu beachtenden Anforderungen und Auflagen zur Stadtentwicklung und für die Umwelt zu unterlaufen. Ausserdem können so die Kosten und die Bedeutung der einzelnen Bauabschnitte marginalisiert werden. Und: Nicht zuletzt soll durch diese Dreiteilung der Widerstand gegen diese Stadtbildzerstörung gedrittelt werden: aber das wird nicht gelingen.

Wir protestieren, weil diese Politik in die Irre führt, weil sie Menschen aus Bremen vertreibt, statt sie als Anwohner zu werben. 8 Jahre „große Koalition“ von CDU und SPD sind mehr als genug. Ein neuer Senat muss her, eine kleine, bürgernahe Koalition, die von einer starken Opposition kontrolliert werden kann. Ein neuer Senat muss Menschen und Natur - wie es die Bremer Verfassung vorsieht - wieder ernst nehmen und darf sie nicht dem Kommerz unterwerfen. „Natur vor Technik - Laßt uns leben!“

 

Für den Text verantwortlich:
Günter Knebel, z.Z. Sprecher der BI „Keine Stadtautobahn durch Bremen!“