Weser-Kurier 20. März 2004
Weser Kurier Sonnabend, 20. März 2004 Nr. 68
Kritik an Eckhoff: Nur Larifari
Bausenator stellte sich emotionsgeladener Versammlung in Schwachhausen
Von unserem Redakteur Volker Junck
Schwere Stunden für Bau-, Verkehrs-und Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU) im bürgerlichen Schwachhausen: Im proppenvollen Saal der St.-Ansgari-Gemeinde an der Schwachhauser Heerstraße stellte er sich der geballten Ablehnung eines vierspurigen Ausbaus der Heerstraße bis zum Rembertikreisel.
Eingeladen hatten die Beiräte Schwach-hausen, Östliche Vorstadt und Mitte zu ei-ner gemeinsamen öffentlichen Sitzung. Und gekommen waren über 200 Bürgerinnen und Bürger, Für die Initiative „Keine Stadtautobahn durch Bremen" war es ein Heimspiel, für den Senator dagegen ein hartes Stück Arbeit im brodelnden Kessel der Emotionen.
Der Altgrüne Olaf Dinne, der vor über 30 Jahren eine führende Rolle im Kampf gegen die Mozarttrasse gespielt hatte, brachte den Saal zum Jubeln, als er eine Bürger-Resolution zum sofortigen Ende des Planfeststellungsverfahrens forderte. Die Versammelten folgten ihm mit überwältigender Mehrheit, später auch die drei Beiräte mit einem gemeinsamen Beschluss. Sämtliche Fraktionen lehnen eine vierspurige Schneise von der Hollerallee bis zum Rembertikreisel und die damit verbundene Aufweitung des Concordia-Tunnels ab. Sie verweisen auf die verschärften Emmissionswerte der EU ab 2010.
Jens Eckhoff hatte zuvor versprochen, all die Einwände zum Planfeststellungsverfahren bis Mai„ abzuarbeiten". Das war den Zuhörern zu wenig. Sie warfen dem Senator vor, „nur Larifari" zu reden, um Zeit zu gewinnen. Sein Argument, der Tunnel müsse auch erweitert werden, damit doppelstöckige Reisebusse hindurch passten, konterte der Verkehrsplaner Dietrich Stempel mit dem Hinweis: „Der einzige Bus auf der Welt, der jetzt nicht durch käme, ist der Londoner Doppeldecker. "
Der Beirat Schwachhausen hatte Stempel mit einer alternativen Untersuchung beauftragt, dessen Ergebnisse er der Versammlung vortrug. Stempel kommt darin zu viel niedrigeren Zahlen als das Amt für Straßen und Verkehr für den täglichen und auch prognostizierten Verkehrsfluss durch die Heerstraße. Da sich der Durchgangsverkehr durch Schwachhausen durch die A 281 ab 2010 noch verringere, sei ihm rätselhaft, warum das Bauressort immer noch für täglich 44000 Fahrzeuge auf vier Spuren plane. Auch jetzt fließe der Verkehr schon zügig. Eine Mitarbeiterin der Eckhoff-Behörde bestätigte, dass die Prognosen nur noch bei täglich 23 000 Fahrzeugen lägen.
Weshalb dann also 15 bis 20 Millionen Euro für ein völlig überflüssiges Verkehrsprojekt ausgeben?, fragten verschiedene Diskussionsredner. Zumal Bremen an allen Ecken und Kanten sparen müsse. Carsten Sieling, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sieht das Planfeststellungsverfahren im Widerspruch zum Koalitionsvertrag mit der CDU. Er stimmt mit Eckhoff darin überein, dass die Schwachhauser Heerstraße durch zusätzliche Verordnungen vom Schwerlast-Verkehr befreit werden müsse.
Um nicht als Betonkopf alter Prägung dazustehen, verwies Eckhoff auf seine Anstrengungen für den öffentlichen Nahverkehr. So dränge er auf die Verlängerung der Linie 4 bis nach Lilienthal - auch gegen seine dortigen Parteifreunde.