Bremer Anzeiger 9.November 2005
Beiräte weiter strikt gegen Ausbau der Schwachhauser Heerstraße
Aktionsplan soll weiterentwickelt werden
Von unserem Mitarbeiter Matthias Koch
Schwachhausen. Mit großer Mehrheit haben die drei Lokalparlamente Schwachhausen, Mitte und Östliche Vorstadt auf ihrer gemeinsamen Sitzung am Montag noch einmal gegen den geplanten Ausbau von Schwachhauser Heerstraße und Concordiatunnel ausgesprochen, den Umwelt- und Bausenator Jens Eckhoff (CDU) kürzlich als Beitrag gegen die Immissionsbelastungen durch Feinstaub und Stickoxide bezeichnet hatte.
Lediglich die CDU Fraktionen der Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt wollten sich dem Votum gegen die Planungen ihres Parteikollegen im Senat nicht anschließen. Ansonsten herrschte fraktionsübergreifende Einigkeit: „Es ist abenteuerlich gerade in dem immissionsbelasteten Bereich 20 Millionen Euro für einen Straßenausbau zu investieren“, kritisierte beispielsweise auch Werner Höffler von den Schwachhauser Christdemokraten.
Im Vorfeld hatte sich das Beiratstrio in der Aula des Hermann-Böse-Gymnasiums von Ralf Wehrse, dem Leiter des Immissionsschutzreferat der Umweltbehörde, den Luftreinhalte - Aktionsplan des Ressorts vorstellen lassen, mit dem zukünftig die Belastung des Bereichs rund um die Kreuzung Bismarckstraße / Dobbenweg gesenkt werden soll. Kernpunkt des Aktionsplanes: Lkw, die der Euro-4-Abgasnorm nicht entsprechen, sollen zukünftig durch Schilder und Kontrollen aus dem betroffenen Bereich herausgehalten und auf andere Strecken verbannt werden. Wehrse geht von etwa 1.400 Lkw täglich aus, die dabei zukünftig durch Straßen rollen sollen, die noch „zusätzliche Immisionsbelastungen vertragen können“. Reiche diese Maßnahme nicht aus, müsse außerdem über eine Umleitung des privaten Verkehrs nachgedacht werden.
Die drei Beiräte hielten von dieser Verlagerung des Feinstaub-Problems indes wenig: Es sei keine Lösung, wenn nun die Alternativrouten über Osterdeich oder Graf-Moltke-Straße und Hollerallee die Belastungen rund um die Bismarckstraßenkreuzung abpuffern sollen, an der der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft in diesem Jahr bereits 41 Mal überschritten worden ist.
„Früher hat man höhere Schornsteine gebaut, um den Gestank aus der Stadt zu halten“. Nun solle der Feinstaub in der Stadt „gerechter verteilt“ werden – das Problem der Immissionen sei damit allerdings weiterhin nicht zu lösen, betonte etwa Reinhard Werner, Sprecher der SPD-Beiratsfraktion Mitte. Statt auf eine Verlagerung der Belastung zu setzen, müsse vielmehr daran gearbeitet werden, den Verkehr insgesamt zu reduzieren, waren sich die Beiräte einig.
Der 15 Punkte umfassende Aktionsplan wartet derweil allerdings mit wenig handfesten verkehrsvermeidenden, dafür aber mit vielen eher „kosmetischen“ Maßnahmen auf: So gibt es etwa ein Bekenntnis zum Car-Sharing sowie zur Förderung von Ergasfahrzeugen und des öffentlichen Nahverkehrs. Außerdem soll – so denn die Ergebnisse des Pilotprojekts in der Neuenlander Straße überzeugen – auch die Bismarckstraße künftig mit Nassreinigungsfahrzeugen bewässert werden, um den Feinstaub zu binden. Zudem könnten zumindest im Innenstadtbereich gemütliche Kaminfeuer demnächst der Vergangenheit angehören – der Aktionsplan sieht in einer weiteren Stufe vor, immissionsträchtiges Holzknistern in den Wohnzimmern zu beschränken. Noch Zukunftsmusik sind derweil übergeordnete dynamische Leitsysteme, die den Verkehr großräumig an den Immissionsbelastungs-Zonen herumführen sollen. Dafür könnten „Wechselwegweiser“ genutzt werden, die die Verkehrsmanagement Zentrale zukünftig an den Autobahnabfahrten installieren will, um Staus bei Messen und Großveranstaltungen zu vermeiden, berichtete Waltraud Osterloh vom Amt für Straßen und Verkehr.