Bremer Anzeiger Mittwoch, 5. November 2003
Bremer Anzeiger 5. November 2003
Beirat bleibt gegenüber Innensenator standhaft
„Es geht hier nicht um 750 Euro, sondern um Demokratie"
Von Mathias Koch
750 Euro, so der Mehrheitsbeschluss des Beirats Schwachhausen von Anfang Oktober, sollte die Bürgerinitiative „Keine Stadtautobahn durch Bremen" aus Globalmitteln erhalten. Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) sah allerdings in dieser Zuwendung einen Verstoß gegen die Richtlinien zur Vergabe von Beiratsmitteln, da das Engagement der BI nicht im „Interesse Bremens" liege und forderte von Ortsamtsleiter Werner Mühl eine Beanstandung des Beschlusses (wir berichteten).
SCHWACHHAUSEN. Dieser Order kam Mühl nun in der jüngsten Sitzung des Beirats gezwungener Maßen nach. Er schickte dabei allerdings ein Statement voran, in dem er noch einmal betonte, dass er den Zuwendungs-Beschluss des Beirats für rechtskonform hält: Die Richtlinie, nach der vorgesehen ist, die Mittelvergabe mit dem „Interesse Bremens" zu verbinden, sei lediglich eine „Soll"- und keine „Muss"-Vorschrift, bekräftigte Mühl. Außerdem stelle die Vergabe der Globalmittel ein „wesentliches Entscheidungsrecht" der Beiräte dar.
Auch die Mehrheit des Schwachhauser Beirats gab sich kämpferisch: „Wie hält es eigentlich Herr Röwekamp mit der Demokratie?", fragte der stellvertretende Beiratssprecher Hans Peter Weigel (Bündnis 90/Die Grünen) eher rhetorisch und betonte, dass es in dem Streit zwischen Beirat und Innensenator um weit mehr als 750 Euro gehe: „Wir lassen uns unsere Beiratsrechte auch von einem Herrn Röwekamp, der sich auf diese Weise offensichtlich profilieren will, nicht wegnehmen".
Ähnliches war aus der SPD-Fraktion und von den FDP-Abgeordneten zu hören: Die Beanstandung durch den Innensenator sei der Versuch, den Beirat zu gängeln, zu bevormunden und zu entmachten kurz gefasst: ein nicht hinnehmbarer Angriff auf demokratische Rechte, so das einhellige Urteil der SPD-, Grünen- sowie FDP-Fraktion.
Wenig zu hören war an diesem Abend aus den Reihen der CDU, die sich, mit Ausnahmen von Gerhard Scheerer, in Schweigen hüllte: Einsam kritisierte das CDU-Beiratsmitglied die Politisierung der Debatte sowie die Vorwürfe gegen den Innensenator und empörte sich darüber, dass nun ja jede Bürgerinitiative kommen könne, um Beiratsgelder für die Durchsetzung wie auch immer gearteter Interessen zu verlangen.
Nach dem Hinweis, dass tatsächlich Jede/r einen Antrag auf Globalmittel stellen könne, eine Bewilligung dieser Anträge aber natürlich weiterhin nur auf Mehrheitsbeschluss des Beirates geschehe, kehrte aber auch Scheerer in die Reihen der schweigenden CDU-Fraktion zurück. Letztendlich bekräftigte der Beirat mehrheitlich seinen Beschluss zur Unterstützung der BI und verwehrte sich gegen die Einmischung des Innensenators. Der nächste Schritt ist nun eine Befassung des Senats mit diesem Vorfall.
Innensenator Röwekamp dürfte sich indes nun gleich noch einmal vor der Frage sehen, ob er einen Schwachhauser Beiratsbeschluss beanstanden soll: Auf der jüngsten Sitzung des Stadtteilparlaments wurde nämlich ferner mehrheitlich - und auch mit Stimmen der CDU-Fraktion - entschieden, 3500 Euro für die Erstellung eines alternativen Planungsgutachtens zum Ausbau der Schwachhauser Heerstraße bereitzustellen. Folgt man der bisherigen Argumentation des Innensenators, müsste nun auch dieses Gutachten gegen die Interessen Bremens gerichtet sein, da sich der Senat eigentlich bereits für einen vierspurigen Ausbau ausgesprochen hat.
Mehrheitlich bot der Schwachhauser Beirat dem Innensenator die Stirn und bekräftigte seinen
Beschluss, die BI „Keine Stadtautobahn durch Bremen" mit 750 Euro aus Globalmitteln zu unterstützen. Foto: Mathias Koch