Weser-Kurier 16. August 2007
Weser - Kurier / Bremer Nachrichten 16. August 2007, Seite 10 (Bremen-Teil)
"Wir hatten nicht einmal 100 Minuten"
Bau- und Verkehrs-Staatsrat Wolfgang Golasowski über den holpringen Start in die neue Legislaturperiode
Die Baubehörde im Kreuzfeuer. Gleich nachdem die neue Amtsführung das Ruder übernommen hatte, musste sie sich mit einer Reihe kritischer Themen auseinandersetzen. Mit Staatsrat Wolfgang Golasowski sprach unser Redakteur Michael Brandt über den Start in die Legislaturperiode.
Frage: Schwachhauser Heerstraße, A 281, Deichbau - das Bau- und Verkehrsressort hat in den vergangenen Wochen recht viel Aufmerksamkeit genossen. Wie haben Sie die ersten Tage ihrer Amtszeit wahrgenommen?
Wolfgang Golasowski: Die ersten zwei Wochen waren hart. Ich bin im laufenden Geschäft als Präsident des Landgerichts hierher gewechselt. Man kann es so beschreiben: Man denkt, man schaut einen Krimi und ist plötzlich mitten im Western. Nicht nur, dass man uns nicht die üblichen 100 Tage zur Orientierung eingeräumt hat. Ich hatte vielmehr den Eindruck, wir hatten nicht einmal 100 Minuten. Aber die Kritik hat uns nicht mutlos gemacht, sondern kampfeslustig.
Aber am Anfang scheint einiges schiefgelaufen zu sein?
Wir haben den Auftrag, die Koalitionsvereinbarung umzusetzen. Wenn man liest, was darin über die Bereiche Verkehr, Bau und Umwelt steht, ist das nicht gerade wenig. Darunter ist manch schwierige Erbschaft, und nicht alles ist eindeutig formuliert.
Gilt das auch für die Schwachhauser Heerstraße? Da hat es Irritationen gegeben. Die Straße soll jetzt einstreifig geführt werden.
Im Koalitionsvertrag heißt es, dass der Ausbau der Schwachhauser Heerstraße einstreifig erfolgen soll. Exakt das setzen wir jetzt um.
Sie haben Bürgerinitiativen an der Schwachhauser Heerstraße und in Kattenturm Entgegenkommen signalisiert. Ist das ein neuer Politikstil, auf den die Bürger hoffen können?
Mit Sicherheit sprechen wir mit den Menschen, hören uns an, was sie zu sagen haben, versuchen Alternativen zu prüfen und auch zu realisieren. Es sind nicht Querulanten und Besserwisser, mit denen man vor Ort zusammentrifft, sondern Betroffene. Die Bürgerinitiativen sind meist professionell aufgestellt. Da ist es klug, auf sie zu hören und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Aber das erfinden wir nicht neu.
Wann wird in Kattenturm erstmals der Runde Tisch zusammentreten? Wie sieht der Auftrag aus?
Wir werden in den kommenden Tagen mit den Gremien ein Verfahren verabreden. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen, welchen Auftrag der Runde Tisch bekommt. Ich habe momentan den Eindruck, dass die Bürgerinitiative davon ausgeht, dass sich der Senat auf jeden Fall dem Votum des Runden Tisches beugen soll. Diese Erwartung ist, vorsichtig gesagt, sehr weitreichend. Aber es wird um mehr gehen, als den Bürgern nur Gehör zu gewähren.
Woran werden die Bürgerinnen und Bürger, abseits der Verabredungen im Koalitionsvertrag, in den nächsten Jahren merken, dass eine grüne Verkehrspolitik betrieben wird?
Da gibt es Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Es gibt in Bremen tolle Ansätze beim Radwegenetz. Daran kann man noch einiges verbessern. Worüber wir nach der Sommerpause sprechen werden, ist die Einrichtung von Umweltzonen. Wir wollen uns auch mit der Prognose auseinandersetzen, dass der motorisierte Individualverkehr immer teurer und deshalb wahrscheinlich weniger werden wird. Deshalb müssen wir die Bedingungen für Fußgänger, Radfahrer und den ÖPNV systematisch verbessern.
Also die einfache Formel: mehr Rad, weniger Auto?
Und mehr Bus und Bahn. Wir haben in Bremen insbesondere die Chance, den schienengebundenen Nahverkehr auszubauen. Es gibt Städte, in denen macht es einfach Spaß, sich mit dem öffentlichen Personennahverkehr zu bewegen. Wir sind auf einem guten Weg dorthin.
In dem Gutachten der Bundesregierung zur Klage Bremens wird behauptet, das Land habe seine Möglichkeiten bei der Gewerbe- und Grundsteuer noch nicht ausgeschöpft. Kommt doch eine Grundsteuer-Anhebung zur Deichbau-Finanzierung auf die Bremer zu?
Dazu kann ich abschließend noch nichts sagen. Nur so viel: Angesichts der enormen Summen, die für den Hochwasserschutz notwendig werden, wird eine Finanzierung nur durch den Bund und die Europäische Union wahrscheinlich nicht ausreichen.