Bremer Anzeiger 23.Oktober 2005, Seite 4

Umweltsenator stellt Maßnahmenkatalog gegen Luftverschmutzung vor:
Luftreinhalteplan oder Luftnummer?
Von unserem Mitarbeiter Matthias Koch

Bremen. Was lange wehrt wird endlich gut – ob dieser Spruch auch auf den so genannten Luftreinhalteplan zutrifft, der den EU-Richtlinien nach eigentlich schon im Herbst des vergangenen Jahres hätte in Kraft treten müssen, wird erst die Zukunft zeigen.

Immer wieder war die Vorstellung eines entsprechenden Maßnahmenkatalogs zur Minderung der Belastung durch Feinstaub und Stickoxide verschoben worden – in der vergangenen Woche brach Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU) endlich das Schweigen und stellte den Entwurf der entsprechenden Planung vor. Allerdings nicht ohne dabei all zu große Erwartungen zu dämpfen. Eckhoff: „Wir werden wir die Probleme nicht über Nacht beheben können.“

Dennoch werden zukünftig insbesondere rund um die Kreuzung zwischen Bismarckstraße, Dobbenweg und Schwachhauser Heerstraße Maßnahmen ergriffen, um unter den Feinstaubgrenzwert zu kommen, der dort in diesem Jahr bereits 35 Mal überschritten wurde.

Kernpunkte des insgesamt 15 Positionen umfassenden Aktionsplanes sind unter anderem die Verbannung von Lkw mit älterer Abgastechnik, die Überprüfung von Baustellen entlang der Straße auf Staubminderung und der Einsatz neuer rußgefilterter BSAG-Busse auf der Bismarckstraße.

Äußerst kritisch nahmen derweil sowohl die Grünen, der BUND und die Bürgerinitiative „Keine Stadtautobahn durch Bremen“, eine weitere „immissionssenkende Maßnahme“ auf, denn Eckhoff verspricht sich auch von dem umstrittenen Ausbau der Schwachhauser Heerstraße eine Entlastung, da so vor Ort für eine „Verflüssigung“ des Verkehrs gesorgt werde.

Die Ausbau-Kritiker sehen genau das anders: „Wer Luftreinhaltung durch unnötigen Ausbau von Straßen und noch mehr Durchgangsverkehr herstellen will, der hat den Titel umweltpolitischer Geisterfahrer verdient“, erzürnte sich etwa BI Sprecher Günther Knebel.

Für den mit 75 Grenzwertüberschreitungen noch kritischeren Feinstaub-Brennpunkt an der Neuenlander Straße erhofft sich Eckhoff derweil insbesondere durch die Schließung des Autobahnrings, die 2008 erfolgen soll, positive Veränderungen. Spätestens dann sollte der Luftreinhalteplan allerdings seine Tauglichkeit bewiesen haben, denn ab 2010 sind EU-weit nicht nur weitaus niedrigere Grenzwerte, sondern auch ein individuelles Klagerecht für betroffene Bürger vorgesehen. Ob und wie sich dieses Recht allerdings umsetzen lassen wird, bleibt fraglich. Denn noch ist die Hansestadt von einer bremenweiten Überwachung der Luftwerte – und somit von der Beweisbarkeit von Überschreitungen – meilenweit entfernt: Gerade einmal eine handvoll Messstationen bilden gegenwärtig die Grundlage für ein stadtweites Screening, bei dem durch aufwendige Berechnungen mögliche weitere Belastungsschwerpunkte ermittelt werden.

Schon heute stellt sich das Umweltressort auf Grundlage dieser Berechnungen auch in der Friedrich-Ebert-Straße und in weiteren Straßenzügen der Neustadt auf problematische Werte ein. Neben der Optimierung verkehrslenkender Maßnahmen sei daher insbesondere der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs – samt der beschlossenen Verlängerung der Straßenbahnlinien und eines zeitgemäßen Regio-S-Bahn-Systems für die Region Bremen „ein absolutes Muss", bekräftigt Eckhoff.