Ausbremsung des Gutachters

Pressemitteilung vom 26. Mai 2003

Bürgerinitiative „Keine Stadtautobahn durch Bremen!“

 

Beirat Schwachhausen vom Senat politisch und rechtlich „ausgebremst“:

Gutachter wird Einsichtnahme in die Akten verweigert, Beirat darf kein „Gutachten“ einholen!

In der Sitzung des Beirates des Ortsamts Schwachhausen vom 20. März 2003 war mehrheitlich beschlossen worden: Ein Ingenieurbüro wird beauftragt, die angekündigte weitere Ausbauplanung der Schwachhauser Heerstraße zu begutachten (siehe WK vom 22.03.03). Die in der Versammlung thema-tisierten Fragwürdigkeiten des derzeitigen Straßenausbaus hatten einen solchen Beschluss aufgedrängt, nachdem durch einen außergerichtlichen Vergleich deutlich geworden war, dass die planende Behörde bei der Straßenaufweitung mit dem Verbrauch privater Grundstücke sehr großzügig umgegangen ist. Schließlich muss ein Beirat, dessen gewählte Mitglieder für die kommunalen Belange politisch verantwortlich sind, über die weiteren Planungen der Verkehrsbehörden in seinem Zuständigkeitsbereich möglichst frühzeitig und umfassend informiert sein. Außerdem besteht - nach dem Umweltinformationsgesetz - ein Anspruch auf Informationen über die Umwelt, die beim Ausbau einer Hauptverkehrsstraße unbestreitbar erheblich beeinträchtigt wird. Der Auftrag an ein auswärtiges Ingenieurbüro wurde folglich erteilt, dessen Arbeit
sollte unverzüglich beginnen.

Der Bürgerinitiative wurde nun in diesen Tagen bekannt: Dem bestellten Gutachter wurde die Einsichtnahme in die Akten verweigert. Er wurde mit fadenscheinigen Gründen abgewiesen und an die Adresse des Ortsamts lapidar mitgeteilt, im Rahmen des in Aussicht gestellten späteren Planfeststellungsverfahrens werde es ohnehin Einsichtnahme in die Akten erhalten. Die dem Ortsamt vorgesetzte Innenbehörde setzte auch noch juristisch nach: Der Auftrag hätte erst gar nicht erteilt werden dürfen, die Verwendung von „Globalmitteln“ des Ortsamts für so ein Gutachten sei unzulässig.

Kommentar:
Die Bürgerinitiative „Keine Stadtautobahn durch Bremen!“ bewertet die Blockadepolitik des Bremer Senats als Indiz für eine Planung, die - zumindest derzeit - offensichtlich das Licht der Öffentlichkeit scheut. Sie sieht in der Verweigerung der Akteneinsicht einen nicht hinnehmbaren Verstoß gegen vorhandene und gebotene Mitwirkungsrechte der Beiräte. Deren Beteiligungsrechte als zuständige Träger kommunaler Belange dürfen nicht behindert, sondern sollten gezielt gefördert werden. Die gewählten Lokalpolitiker/innen müssen im Interesse ihrer Mitbürger/innen vor Ort tätig werden und ihr kommunalpolitisches Mandat in die Politik von Stadt und Land einbringen können.

Die kritische Überprüfung von Planungen der Verwaltung gehört dazu. Wer die Auseinandersetzung mit Behördenplanung erschwert oder verhindert, stellt nicht nur die politische Grundlage der Arbeit der Beiräte infrage, er läuft auch Gefahr, den kommunalen Bezug der Stadt- und Landespolitik zu beschädigen. Neben die Tücken des Rechtswegs, der aus Sicht der Bürger/innen immer kostspielig, meist langwierig und - bei Bürger/in gegen Behörde - selten erfolgversprechend ist, würde ein Abbau politischer Beteiligungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten treten. Das Gegenteil ist aber in Bremen dringend geboten, weil:

- die übergeordnete Stadtplanung seit vielen Jahren vernachlässigt wird,

- der Flächennutzungsplan nur noch als Fragment bezeichnet werden kann,
- eine gesamtstädtische Verkehrskonzeption fehlt und
- die gesetzlich vorgeschriebene Lärmminderungsplanung in Bremen unbearbeitet ist.

Schon angesichts dieser Lücken in der übergeordneten Planung müssen die lokalen Verantwortungsträger stets in der Lage sein, ihre Planungskompetenz durch Gutachten zu verbessern, eine unzureichende Vorplanung ggf. zu kompensieren, die örtlichen Belange in Planungsprozessen zu verdeutlichen und auf deren Berücksichtigung hinzuwirken!

Bremen, den 16. Mai 2003
v.i.S.d.P. Günter Knebel, zur Zeit Sprecher der Bürgerinitative