Prostesaktion am 9. September 2002

Bremen, den 9.9.2002

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Nachbarinnen, Nachbarn, verehrte PassantInnen!

Warum demonstrieren wir hier? Heute beginnt an der Einmündung der Stadtautobahn Kurfürstenallee, die seit vielen Jahren den Stadtteil HB-Schwachhausen zerschneidet und sich zu einer beliebten Fahrtroute für den Schwerlastverkehr durch Bremen entwickelt hat, eine Baumaßnahme im Auftrag der Bremer Straßenbahn AG.
Dagegen protestieren wir:

Hier will
die Bremer Straßenbahn AG (BSAG)

für die Straßenbahn eine eigene, 10 cm hochtrassierte Fahrspur einrichten, obwohl eine eigene Fahrspur für die Busse und Bahnen der Straßenbahn durch ABSCHRAFFIERUNG mit weniger Aufwand und sehr viel preisgünstiger für SteuerzahlerInnen zu erzielen wäre. Das allein wäre aber noch kein Grund, hier zu protestieren. Denn hinzu kommt:

Hier will
der Senat der Freien Hansestadt Bremen

die aus Bundesmitteln finanzierte Erneuerung der Straßenbahngleise zum Anlass nehmen, gleichzeitig den Straßenraum zu Gunsten von pro Fahrtrichtung jeweils zwei Fahrspuren á 3,00 m und 2,80 m aufzuweiten. Obwohl die vorhandene Verkehrsfläche für Kraftfahrzeuge jetzt völlig ausreichend ist und - nach Auskunft von Sachverständigen - sogar noch "Reserven" für die Zukunft enthält, soll ohne Not für die KONKURRENZ von BUS und STRASSENBAHN mehr Verkehrsfläche geschaffen werden: Der Straßenquerschnitt soll von jetzt 25 - 30 m auf 30 - 37 m aufgeweitet und der Ausbaustandard für den Lkw-Durchgangsverkehr noch besser hergerichtet werden. Für den Lkw-Verkehr aus europäischen Nachbarländern würde - mit der beabsichtigten Weiterführung der Trassierung durch den Concordia-Tunnel und das Rembertiquartier - ein mautfreier, attraktiver 3. Weg quer durch Bremen entstehen: Eine Verbindung zwischen der BAB-Abfahrt Vahr, dem Großmarkt, den Hafengebieten, dem GVZ und dem künftigen Europahafen Wilhelmshaven. Damit würde eine unumkehrbare städtebauliche Zerstörung auf Kosten der Umwelt und der Gesundheit der Wohnbevölkerung herbeigeführt! Denn jede Straßenaufweitung zieht mehr Verkehr an - lt. amtlicher Auskunft statt heute 700 Lkw pro 24 Stunden künftig 2.100 Lkw pro Tag, d.h. alle 45 Sekunden ein Lkw - und bedeutet weiträumig für AnwohnerInnen:

  • die Lärm-, Schmutz- und Schadstoffbelastung wird erheblich steigen
  • Die verbreiterte Straße wird den Stadtteil zerschneiden,
  • das Überqueren der Straße wird länger dauern und damit
  • das Unfallrisiko für AnwohnerInnen und ihre Kinder zunehmen.
  • Grundstücke und Immobilien werden an Wert verlieren.
  • Die noch vorhandene Wohnkultur wird zunehmend aufgegeben,
  • ein Wohngebiet wird immer mehr zum Gewerbequartier am Rand einer Stadtautobahn umgewandelt und von Dauerbewohnern entvölkert.

Für dieses vorgebliche "öffentliche Interesse" in unmittelbarer Nachbarschaft eines großen Krankenhauses und vieler sozialer Einrichtungen sollen 595 qm Grundeigentum erworben ggf. enteignet und etliche alte Bäume gefällt werden! Dagegen wehren wir uns, dagegen protestieren wir.
Wir wissen: Der vorhandene Querschnitt bietet hinreichend Raum für alle VerkehrsteilnehmerInnen. Die eigene Trasse für den ÖPNV darf nicht durch mehr Straße konterkariert werden. Wir fordern ein Verkehrskonzept, das Rücksicht auf Menschen und Natur nimmt und damit auch der Wirtschaft dient. Dafür demonstrieren wir heute und bitten Sie um Ihre Unterstützung bzw. Ihr Verständnis!