Will die Handelskammer Bremen vergiften?
Pressemitteilung vom 14. Juli 2007
Verteiler: Redaktionen von Medien und Pressestellen in Bremen
Will die Bremer Handelskammer Klima, Stadt und Bevölkerung vergiften?
Unter der Überschrift „Baumnasen für die Heerstraße?“ ist gestern in Bremer Medien (WK/BN vom 13.07.2007, S.9) ein Sachverhalt verharmlost und geradezu karikiert worden, der tiefgängiger ist. Es geht nicht lediglich um „Baumnasen“, sondern um eine dringend nötige Reduzierung der zukünftigen Verkehrsfläche für den Kfz-Verkehr auf 4,50 m - 4,75 m pro Richtung, die für die zu bewältigende Verkehrsmenge genügen!
Ausweislich des Bremer Spitzenplatzes im bundesweiten amtlichen Krebsregister (GEKID Krebs-Register 2006, Seite 19) und der häufigen Überschreitungen der Feinstaubgrenzwerte auch an der Kreuzung Bismarckstraße / Schwachhauser Heerstraße, verdient deren unnötiger und überdimensionierter Ausbau eine Bewertung, die einem Bauvorhaben gerecht wird, das 25,5 Millionen Steuergelder verschlingen soll.
Der Zusammenhang von Gesundheit der Bevölkerung und deren Hinnahme von Verkehrsbelastungen wird seit Jahren sehr ernsthaft thematisiert. Der neuen Regierung ist folglich zu danken, dass sie aus diesen Diskussionen überfällige politische Konsequenzen ziehen will, um Schaden von der Stadt abzuwenden und durch eine Reduzierung des bisher großspurig geplanten Ausbaus Kosten zu sparen. Kleinere Straßen kosten weniger Geld, beim Bau wie in der Unterhaltung.
Empfehlungen, in diesem Straßenabschnitt auch wegen des rückläufigen Verkehrsaufkommens eher zurückzubauen statt zu erweitern, sind bereits im Mai 2004 in einem für den Bausenator erstellten Gutachten zur Lufteinhalteplanung* ausgesprochen worden. Diese Empfehlungen wurden aber von der damaligen Senatspolitik ignoriert, wohl weil sie stets als eine Art Erfüllungsgehilfe der Handelskammer agiert hat.
Das bekannte Interesse der Handelskammer, mitten durch Bremen eine Trasse zu schlagen, deren Abmessungen von 5,50 m pro Fahrtrichtung ausweislich eines von der Handelskammer bestellten Gutachtens exakt das Minimum für die Überholung von zwei Schwerlastern darstellen, kommt sicher den Wünschen ihrer einflussreichen Verkehrslobby entgegen. Aber dieses Interesse steht in dreifacher Hinsicht dem Allgemeinwohl strikt entgegen und wird deshalb auch von uns seit Jahren bekämpft:
- Es schädigt Leib und Leben der Bevölkerung und
- es zerstört auf lange Sicht auch das Zentrum unserer Stadt.
Zerstörung ist dabei nicht nur in städtebaulicher Hinsicht gemeint, indem ausgerechnet die Fehlleistungen der Nachkriegsstadtplanung fortgeschrieben werden, sondern ganz real würde die Bremer Innenstadt durch zusätzliche Luft-, Lärm- und Erschütterungsbelastung dauerhaft schwer beeinträchtigt. - Es ist auch sinnwidrig, ja geradezu ein Schildbürgerstreich, weil lt.
einstimmigem Beschluss der Bremischen StadtBürgerschaft (Drs. Nr 16/241 S u. Plenarprotokoll 16/16 v. 9. November 2004) diese Strecke aus dem Lkw-Führungsnetz herausgenommen und der Schwerlastverkehr dort ganztägig ausgeschlossen werden soll. Die entsprechende Tonnage- begrenzung steht noch aus.
Dass die Bremer Handelskammer und die Lobbyverbände der Autoindustrie und Spediteure ihre Interessen, auch wenn sie oft fragwürdige Ziele beinhalten, in die Politik einbringen können, bleibt hier unbestritten. Aber es ist Aufgabe der Politik darüber zu entscheiden, was der Stadt und der Gesundheit ihrer Bevölkerung dienlich ist. Wirtschaftshörigkeit führt auf Irrwege, deren gesellschaftliche Folgekosten oft sehr teuer sind - in Bremen wie anderenorts.
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* Im Mai 2004 wurde für den Auftraggeber „Senator für Bau, Umwelt und Verkehr, Ansgaritorstraße 2, 28195 Bremen“ unter dem Titel „Ausbreitungsrechnungen für den Bereich der Messstation Verkehr 1 in Bremen zur Ursachenermittlung der erhöhten NO2- und PM10-Immissionen - Erstellung eines Minderungs-/Massnahmenplans“ in gleicher Sache und für den gleichen Ort die folgende Empfehlung erarbeitet und in der „Einschätzung der Wirksamkeit“ mit +++ (= positiver Höchstwert) beurteilt:
„Straßenrückbau ...entweder in Form eines kompletten Rückbaus, was einer Sperrung gleichkommt, oder durch REDUKTION der Fahrstreifenzahl oder -breite.“ Hervorhebung BI, Gutachten Ingenieurbüro Lohmeyer, Karlsruhe, Seite 58.