Weser-Kurier Stadtteilkurier NOS 22. Januar 2004
Weser Kurier Stadtteil-Kurier 7 Donnerstag, 22. Januar 2004 Nr. 18 NOS
„Vier Spuren sind zuviel"
Beirat Schwachhausen lehnt Pläne zum Ausbau der Schwachhauser Heerstraße ab
Von unserer Mitarbeiterin Annekathrin Gut
Eine Zeit lang sah es so aus, als ob der Streit um die beste Variante für den Ausbau der Schwachhauser Heerstraße auch auf technischem Niveau geführt werden sollte. Während die Mitarbeiter des Amtes für Straßen und Verkehr auf der öffentlichen Sitzung des Beirats Schwachhausen mit Overheadprojektor und Folien hantierten, konnte der vom Beirat bestellte Planer seinen Gegenvorschlag direkt vom Laptop aus an die Wand werfen.
Grund für die Lehrstunde in technischer Geschicklichkeit war die Stellungnahme des Beirates Schwachhausen zum Planfeststellungsverfahren für den zweiten Bauabschnitt der Schwachhauser Heerstraße zwischen Hollerallee und Bismarckstraße. Geht es nach den Planern des Amtes für Straßen und Verkehr, so wird die Hauptverkehrsstraße auf vier Spuren erweitert und um einen eigenen Gleiskörper für die Straßenbahn ergänzt.
Der Beirat allerdings ist skeptisch gegenüber dem von der Behörde vorgelegten Maßnahmenpaket. In einer Verkehrszählung stellte sie im Jahr 2001 fest, dass täglich 25 678 Fahrzeuge die Schwachhauser Heerstraße befahren. Hochge-rechnet für das Jahr 2015 erwartet die Behörde weniger Fahrzeuge: 24 780 wären es dann pro Tag.
Das, so meinte der Beirat, rechtfertige keinen derart starken Eingriff in Schwachhausen, zu mal der Verkehr auch heute weitgehend störungsfrei fließe. Er beauftragte einen unabhängigen Planer, um die städtische Variante unter die Lupe zu nehmen und Alternativen zu entwickeln.
Der lngenieur Dietrich Stempel kam in einer eigenen, allerdings nicht repräsentativen Verkehrszählung zu deutlich geringeren Zahlen.
Nur rund 19 000 Fahrzeuge würden täglich die Schwachhauser Heerstraße befahren. Damit war für Dietrich Stempel klar: Vier Spuren seien zu viel. Wie in einem System kommunizierender Röhren werde zusätzlicher Verkehr angezogen, die Schwachhauser Heerstraße würde möglicherweise zu einer Stauumfahrung für die A1. Mögliche Auswirkungen der Baumaßnahmen auf die anschließenden Stadtteile hätten die Planer vom Amt für Straßen und Verkehr ebenso wenig geprüft wie weitere Alternativen.
Stempel schlug daher mehrere Alternativen für die Umgestaltung der Schwachhauser Heerstraße vor, von denen er dem Beirat zwei ausdrücklich empfahl: Eine einspurige Verkehrsführung beziehungsweise zwei überbreite Fahrbahnen seien für das bis 2015 vorausberechnete Verkehrsaufkommen vollkommen ausreichend.
Auch bei diesen Lösungen würde wie in der städtischen Version eine Baumreihe verloren gehen. Allerdings falle dabei weniger private Grundstücksfläche den Baumaßnahmen zum Opfer.
Die seien zudem finanziell wesentlich günstiger. Beide Varianten sehen eine eigene Strecke für die Straßenbahn vor, die zu hundert Prozent vom Bund im Rahmen des Großbauvorhabens „Linie 4 " finanziert werden kann.
Mit nur einer Gegenstimme verabschiedete der Beirat Schwachhausen seine Stellungnahme. Darin lehnt er die im Planfeststellungsverfahren vorgestellte Variante für den Ausbau der Schwachhauser Heerstraße ab.
Weiterhin heißt es in korrektem Rechtsdeutsch: Der Beirat „macht sich die vorgestellte Planung von Dipl. Ing. Dietrich Stempel voll inhaltlich zu eigen" und übernimmt damit auch dessen Empfehlungen. Er fordert zudem die Bürgerschaftsdeputation auf, sich mit dem Fall zu befassen, sollte der Haltung des Beirates nicht gefolgt werden.
In einem nächsten Schritt soll es eine Simulation des Verkehrsflusses in der Schwachhauser Heerstraße geben. Voraussichtlich im März treffen sich in einer gemeinsamen Sitzung die Beiräte Mitte, Östliche Vorstadt und Schwachhausen mit Bausenator Jens Eckhoff.