Weser-Kurier 12. Januar 2008
Weser - Kurier / Bremer Nachrichten 12. Januar 2008 (S. 9)
Hohe Hürden für Feinstaub - Freibrief
Umweltzone: Interner Entwurf regelt Ausnahmen von der Plaketten-Pflicht / Große Nachfrage nach Aufklebern
Von unserem Redakteur Michael Brandt
BREMEN. Die Umweltzone kommt, voraussichtlich am 1. August 2008. Ab diesem Zeitpunkt, so der Plan von Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne), dürfen Autos mit einem hohen Schadstoffausstoß nicht mehr in die Innenstadt. Pendler und Anwohner können auf eine Ausnahme- genehmigung hoffen - die Hürden dafür sind indes hoch, die Gebühren ebenfalls. Das belegt ein internes Papier, das derzeit beraten wird.
Wer nach der Einführung der Umweltzone motorisiert in die City will, der muss ab 1. August mindestens die Schadstoffnorm Euro 3 in den Kfz-Schein eingetragen haben. Ab 1. Januar 2010 sogar Schadstoffgruppe 4. So der aktuelle Stand der Debatte. Jetzt liegt außerdem der Entwurf einer Verordnung dazu vor, wer sich und sein Vehikel von dieser Pflicht freikaufen darf.Umsonst ist so eine Ausnahme- genehmigung nicht. Privatleute müssen für 18 Monate 180 Euro auf den Tresen der Verwaltung legen. Je nach Größe werden für Lastwagen allerdings bis zu 630 Euro fällig. Spezialfahrzeuge und Sonderfahrzeuge der Schausteller können nach dem jetzt vorliegenden Entwurf eine Ausnahmegenehmigung für 36 Monate erhalten. Und der Vollständigkeit halber: Es gibt auch Fahrzeuge, denen die Umweltzone ganz egal sein darf, zum Beispiel Krankenwagen, Polizei und "NATO-Truppen im Falle dringender militärischer Erfordernisse".
Eine Ausnahme gibt es indes auch für Berufspendler und Anlieger nicht automatisch. Es müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. So sollen die Bürger nachweisen, dass ihr fahrbarer Untersatz mit handelsüblichen Bausätzen nicht nachrüstbar ist. Und sie müssen nachweisen, dass sie es sich nicht leisten können, ein neues Auto zu kaufen. Messlatte für diese Entscheidung ist offenbar die "Existenzgefährdung".Generell steht schon im Entwurf, dass das Amt die Anträge "restriktiv" prüfen will. "Allein der Wohn- oder Betriebssitz in der Umweltzone rechtfertige keine Ausnahme- genehmigung", heißt es da.
Kritiker bringen die Prozedur, von der Plakettenpflicht befreit zu werden, auf den kurzen Nenner: "Extrem teuer, extrem bürokratisch. Die Verwaltung will sich daran eine goldene Nase verdienen." Es gibt weiterhin auch generelle Bedenken. So gehen Beobachter davon aus, dass der Einzelhandel in der Umweltzone leiden wird. Die Handelskammer hat dem Vernehmen nach ein Gutachten in Auftrag gegeben, für das Gäste aus dem Umland befragt worden sind. Das Ergebnis soll demnächst vorliegen. Michael Ortmanns, Sprecher von Senator Loske, rechtfertigt den Ausnahmen-Katalog. Es könne nicht darum gehen, sich mit einer Ausnahmegenehmigung von der Umrüstung des eigenen Fahrzeuges freizukaufen. Bremen-Besucher können seiner Schilderung nach auch in Zukunft die City erreichen, denn die Bürgermeister-Smidt- Straße sei aus der Umweltzone herausgenommen. Grundsätzlich rät er zur Nutzung von Bussen und Bahnen.
Zurzeit ist die Nachfrage nach den Feinstaub-Plaketten so groß, dass zum Beispiel nicht alle Autohäuser beliefert werden können. Die Aufkleber sind prinzipiell in Werkstätten und Autohäusern, bei TÜV und Dekra sowie der Zulassungsstelle erhältlich. Allerdings, sagt Bernd Dittmer von der Kfz-Innung, kommen die Hersteller der Plaketten im Moment nicht mit der Lieferung nach. Die Innung rät deshalb den Fahrzeughaltern, gelassen zu bleiben. In zwei bis drei Wochen werde sich die Situation entspannt haben. Wer in die Großstädte Hannover, Köln oder Berlin fahre - dort sind bereits seit Januar dieses Jahres Umweltzonen eingerichtet - müsse dort noch nicht mit Strafe rechnen.