Weser Kurier Sonnabend, 2. August 2003

Weser-Kurier 2. August 2003

Neue Aufforstung oder Salami-Taktik?
Baum-Gutachten zur Schwachhauser Heerstraße liegt vor

Von unserem Redakteur Christian Dohle

Werden die etwa 80 Jahre alten Linden entlang der Schwachhauser Heerstraße vollständig durch junge Bäume ersetzt? Das ist nicht mehr ausgeschlossen, nachdem im Bauressort das Stadtgrün-Gutachten vorliegt. Ergebnis: Vier Bäume sind nicht mehr standsicher und müssen sofort gefällt werden, weitere werden in den nächsten Jahren weichen.
Im Bauressort gibt es nun Überlegungen, die etwa 20 Bäume zählende Reihe auf einen Schlag auszutauschen. „Es ist einfach kein schöner Anblick mehr", meint Ressort-Sprecher Holger Bruns.
Bereits Anfang Juli nahm ein Stadtgrün-Gutachter die beschädigten Linden unter die Lupe und ahnte nichts Gutes. Neidhardt Krauß sprach von einer „teuflischen Grabung" durch Bauarbeiter und hatte zumindest bei sechs Bäumen wenig Hoffnung.
Letztlich trifft das Todesurteil zwar nur vier der betagten Linden, doch das einheitliche Erscheinungsbild ist dahin. Schlimmer noch: „Der gesamte Bereich ist schwer in Mitleidenschaft gezogen", bestätigt Holger Bruns. „Das Thema Baumfällen bleibt damit aktuell", denn in den kommenden Jahren werde voraussichtlich der eine oder andere Baum noch fallen müssen. Wie berichtet hatten Bauarbeiter an mehreren Linden die fünf bis zehn Zentimeter dicken Haltewurzeln gekappt, als sie neue Masten für die Oberleitung der Straßenbahn aufstellten. Bis zu 40 Prozent der Wurzelmasse seien geschädigt, sagt Krauß nach einem ersten Eindruck an Ort und Stelle. Bereits bei 30 Prozent sei der Baum normalerweise nicht mehr zu retten. Skandalös: Die Arbeiter hätten die Wurzeln teilweise sauber abgesägt.
„Neuordnung oder Salamitaktik?" - das ist nach dem Befund des Gutachters auch für den Schwachhauser Ortsamtsleiter Werner Mühl die alles entscheidende Frage, über die er Ende dieses Monats zunächst mit dem Umweltausschuss des Ortsbeirates reden wird. Eine komplette Neuanpflanzung sei bislang „nicht mehrheitsfähig" gewesen, gibt Mühl zu bedenken, will das Thema selbst aber noch einmal ansprechen, wenn das Gutachten schriftlich vorliegt. Mühl: „Fachleute sagen, es wäre vernünftiger." Günter Knebel von der Bürgerinitiative „Keine Stadtautobahn durch Bremen" will sich einer „großzügigen Aufforstung" nicht verschließen, mahnt aber erneut eine schmalere Fahrbahn in der Schwachhauser Heerstraße an: „Wenn man die Fahrbahn nicht 5,80 Meter, sondern wie auf dem langen Jammer nur 5,50 Meter breit machen würde, bliebe den Bäumen mehr Platz zum Leben."


Die etwa 80 Jahre alten Linden an der Schwachhauser Heerstraße sind gefährdet. Vier von ihnen müssen sofort gefällt werden, weitere sollen in den nächsten Jahren folgen Foto: Jochen Stoss