Weser-Kurier 7. August 2006

Weser Kurier , Bremen - Teil, dort 1. Seite (S. 11), 7. August 2006 online

Die Säge rückt in weite Ferne
Zeitplan für Ausbau der Schwachhauser Heerstraße ist hinfällig /Baumfällung mitten im Wahlkampf?

Von unserem Redakteur Peter Voith

BREMEN. Eigentlich sollten die mit Protestplakaten versehenen Bäume an der Schwachhauser Heerstraße schon gefällt sein. Doch der Tag der Säge ist inzwischen in weite Ferne gerückt. Politische Beobachter halten es sogar für möglich, dass vor der Bürgerschaftswahl im Mai kein einziger Baum wird dran glauben müssen - und der umstrittene Ausbau zwischen Hollerallee und Bismarckstraße noch mal Gegenstand von Koalitionsverhandlungen wird.
Holger Bruns, Sprecher von Bausenator Ronald-Mike Neumeyer (CDU), bestätigte, dass die Behörde von "einem anderen Bauzeitenplan ausgegangen" sei. Man prüfe nunmehr intern, wann ein neuer Baubeginn möglich sei. Ursprünglich hatte die Baubehörde gehofft, vom Oberverwaltungsgericht (OVG) bereits im Frühsommer grünes Licht für den Ausbau des Abschnitts, in dem sich auch der Concordia-Tunnel befindet, zu bekommen. Wegen der Bauarbeiten zur Aufweitung des Tunnels waren mit der Deutschen Bahn bereits genaue Termine für die Streckensperrung vereinbart worden, die nun alle hinfällig sind. Und, so hieß es weiter: Neue Sperrtermine erforderten wegen der Auswirkungen auf das gesamte Netz der Bahn lange Vorbereitungen. Wie berichtet, hatten Anwohner im März gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt und beantragt, ihn aufzuheben, weil er fehlerhaft und rechtswidrig sei. Für die Kläger hatte der Bremer Anwalt und Baurechtsexperte Hans Ganten eine 34 Seiten starke Begründung verfasst. Tenor: Die Behörde habe nicht glaubhaft darlegen können, weshalb ein vierspuriger Ausbau notwendig sei.
Diese Klage im Schnelldurchlauf zu verhandeln, dazu sah sich das Gericht nicht in der Lage. Denn es handele sich dabei um ein "komplexes Verfahren". Überdies, so Gerichtssprecher Hans Alexy, sei der zuständige Senat derzeit mit dem Thema Sportwetten, zahlreichen Ausländerrechts- und Arbeitslosengeld-II-Verfahren eingedeckt. Deshalb habe das OVG in Sachen Schwachhauser Heerstraße keinen früheren Termin als den 21. November finden können. Alexy: "Mit sieben Monaten nach Einreichung der Klage befinden wir uns damit aber immer noch ganz gut in der Zeit.
"Dass sich das Gericht diesmal mehr Zeit lasse "und nicht wie 2002 den Planfestfeststellungsbeschluss der Stadt einfach abnickt", ist bei der Bürgerinitiative "Keine Stadtautobahn durch Bremen" auf ein positives Echo gestoßen. Ihr Sprecher Günter Knebel: "Wir haben die leise Hoffnung, das unsinnige Projekt doch noch stoppen zu können." Im Jahre 2002 hatte das Oberverwaltungsgericht eine Anwohnerklage, die sich gegen den 1. Bauabschnitt richtete, zurückgewiesen mit der Begründung: Es seien keine behördlichen Fehler in der Planung zu erkennen.
Ob das Gericht diesmal zu einem anderen Ergebnis kommt? Rechtsanwalt Hans Ganten möchte darüber derzeit keine Prognose abgeben. Gleichwohl wertete er die Terminverschiebung auf November als Zeichen dafür, dass sich das Gericht ausführlich mit der Materie auseinander setze. Das sei für ihn und die Kläger schon "ein sehr gutes Ergebnis". Mit einem Urteil zu ihren Gunsten rechnet die Baubehörde im November oder Dezember. Dann, so hieß es, müssten Ausschreibungen erfolgen, so dass frühestens im Frühjahr mit dem Absägen der Bäume begonnen werden könne.
Ob die von CDU-Senator Ronald-Mike Neumeyer geführte Baubehörde dann wirklich ernst machen würde, daran zweifeln inzwischen nicht wenige Beobachter der Bremer Politik. Immerhin: Zu diesem Zeitpunkt läuft der Bürgerschaftswahlkampf auf vollen Touren, und die CDU-Kommunalpolitiker im Beirat Schwachhausen sind von den Ausbauplänen auch nicht gerade begeistert. Ein Baupolitiker: "Nicht ausgeschlossen, dass die Schwachhauser Heerstraße nochmal in Koalitionsverhandlungen auf den Tisch kommt."Sollten an diesen Verhandlungen - je nach Ausgang der Wahl - womöglich die Grünen beteiligt sein, werden sie dieses Thema jedenfalls nicht aussparen. Eine Abgeordnete: "Mit Sicherheit nicht." Man hoffe indes, "dass bis dahin nicht schon Fakten geschaffen werden".