Weser-Kurier 15. April 2008

Weser-Kurier/Bremer Nachrichten, 15. April 2008, S. 11

Ausnahmen kommen teuer zu stehen
Von unserem Redakteur
Michael Brandt

BREMEN. Wer eine Ausnahmegenehmigung für die Umweltzone haben möchte, der muss in Bremen tiefer in die Tasche greifen als in Hannover, Stuttgart oder Köln. Das ist einem Papier zu entnehmen, über das heute der Senat beraten will. Auch in anderen Punkten zeigt man sich andernorts nicht so penibel wie in Bremen: In Köln etwa sind Handwerksbetriebe generell befreit von der Plaketten-Last.
Das Projekt Umweltzone in der Bremer City und der Neustadt bietet Stoff für Dauerdiskussionen. Wie es heißt, sollen zum Beispiel in dieser Woche Gespräche mit Hachez und InBev geführt werden. Beide Unternehmen hatten Bedenken gegen das Vorhaben angemeldet.
Vergleich macht schlau: Das "Büro für Verkehrsökologie" hat im Auftrag von Senator Reinhard Loske (Grüne) die Umweltzonen in Berlin und den oben genannten Städten unter die Lupe genommen. Eines der Ergebnisse ist, dass nur die Hauptstadt - Verwaltung bei den Ausnahmen noch tiefer in die Geldbörse ihrer Bürger greift. So werden in Bremen für eine einjährige Pkw-Ausnahmegenehmigung maximal 130 Euro fällig, in Berlin sind es 136 Euro. In Hannover aber, haben die Experten herausgefunden, reicht die Spanne von fünf bis höchstens 75 Euro. Dem Vernehmen nach sollen allerdings auch in Bremen noch Kurzzeit-Genehmigungen in den Katalog aufgenommen werden - dann für wenige Euro.
Genaues Thema der heutigen Senatsbefassung: Die möglichen Auswirkungen, wenn voraussichtlich im Herbst die erste Stufe der Zone eingeführt wird. Gefragt hatte danach der umweltpolitische Sprecher der SPD, Jens Dennhardt. Die Antwort liegt im Entwurf vor. Demnach hält es der Senat für nicht möglich, aufgrund der bisherigen Erfahrungen Aussagen über die Feinstaub-Reduzierung und soziale oder wirtschaftliche Folgen zu machen.
In zahlreichen Großstädten sind Umweltzonen geplant, zeigt der Überblick. Andere weigern sich. Laut Bericht haben zum Beispiel Frankfurt und Kassel die vom Land vorgesehenen Umweltzonen abgelehnt. Und in Rostock seien zwar Grenzwert-Überschreitungen festgestellt worden, es solle aber keine Umweltzone eingerichtet werden.
Hannover - so ein weiteres Resultat - ist bei den Ausnahmen deutlich lockerer. Dort gebe es auf Antrag auch eine Ausnahme für Menschen, die wenig fahren. Personen, die weniger als 500 Kilometer pro Jahr in der Umweltzone zurücklegen, könnten eine Bagatellregelung in Anspruch nehmen.
Michael Ortmanns, Sprecher des Umweltressorts, hält zu viele Ausnahmen allerdings für nicht hilfreich. Man dürfe, sagt er angesichts der Debatte, nicht die Wirksamkeit der Zone aus den Augen verlieren.
Kann man die Umweltzone besser machen? Mit dieser Frage will sich die SPD-Fraktion am morgigen Mittwoch auseinandersetzen. Sie lädt zu einer Diskussionsveranstaltung um 15 Uhr in die Bürgerschaft, Raum 416, ein.